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Kaufvertrag oder Werkvertrag Gewährleistungsrecht bei Photovoltaikanlagen

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Gewährleistungsrecht bei Photovoltaikanlagen mit und ohne Stromspeichersystem.

Was gilt rechtlich bei Photovoltaikanlagen im Störungsfall?

Der Unterschied zwischen Kauf- & Werkvertrag.

Kaufvertrag

Beim Kaufvertragsrecht (welches bis zum 28.01.2020) galt, war die Gewährleistung zwei Jahre und nach den ersten sechs Monaten eine Beweislastumkehr. In den ersten sechs Monaten nach Inbetriebnahme (Abnahme) musste der Anlagenerrichter beweisen, dass der Fehler nicht von Anfang an bestand, nach sechs Monaten der Anlageneigentümer. Die Gewährleistung war hier auf zwei Jahre begrenzt.

Der Kaufvertrag hat seit 28.01.2020 bei Photovoltaikanlagen keine Anwendung mehr. Stattdessen gilt das Werkvertragsrecht. 

Werkvertrag

Beim Werkvertragsrecht hat der Handwerker (Installateur) eine Gewährleistung von fünf Jahren gegenüber dem Anlageneigentümer zu gewährleisten. Dies gilt ab Inbetriebnahme (Abnahme der Anlage). Über die Anwendung der VOB könnte der Handwerker die Gewährleistung auf vier Jahre reduzieren. Anders als im Kaufvertragsrecht, hat der Anlageneigentümer sofort bei Abnahme eine Beweislast. Tritt ein Fehler/Schaden an der Anlage ein, so hat der Anlageneigentümer zu beweisen, dass der Schaden von Anfang an bestand. Der Handwerker haftet nicht für Schäden die z.B. an technischen Bauteilen nach der Abnahme entstehen, sofern er nicht grob fahrlässig gehandelt hat und eine funktionstüchtige Anlage bei Abnahme nachgewiesen werden konnte. 

Sollte keine Abnahme erfolgt sein, so gilt in der Regel der Zählertermin und das damit verbundene “offizielle einschalten” der Anlage als Inbetriebnahme. 

Garantie

Für technische Fehler an Geräten nach der Abnahme, gibt es in der Regel eine Garantie vom Hersteller. Die Garantie ist von der Gewährleistung zu unterscheiden.

Die Garantie geht in der Regel vom Hersteller (Speicher oder Solarmodul-Hersteller) aus. Dieser gibt eine Garantie auf seine Produkte und in den Garantiebedingungen des Herstellers ist Genaueres dazu beschrieben, ob z.B. nur die Ersatzteile geliefert werden oder auch die Montagearbeiten übernommen werden. 

ACHTUNG: Auch der Hersteller hat gegenüber dem Handwerker (Installateur), den er beliefert, eine Gewährleistung. In diesem Fall gilt das Kaufvertragsrecht und hier hat der Hersteller (oder Großhändler) zwei Jahre lang sowohl für Ersatz zu sorgen als auch die Montagekosten zu übernehmen.  Mehr dazu hier.  In der Praxis wird dies jedoch bisher nur von wenigen Herstellern eingehalten. 

Was rechtlich zu beachten ist

Garantie, Gewährleistung, Kauf- oder Werkvertragsrecht für Photovoltaikanlagen.

Viele Jahre galt bei Phovoltaikanlagen das Kaufvertragsrecht. Das OLG entschied am 28.01.2020 dass Werkverträge die korrekte Vertragsform darstellen, da eine Erfolgsbezogenheit gegeben ist. Das heißt der Anlagenerrichter ist nun verpflichtet eine funktionstaugliche Anlage zu errichten.  

 

Werkvertrag oder Kaufvertrag mit Montagepflicht – hierzu entschied das OLG wie folgt:
Die Vorinstanz (OLG München) hatte den Vertrag zur Errichtung der Photovoltaikanlage als Werkvertrag klassifiziert und dies für den konkreten Fall wie folgt begründet:

Der AN sollte nicht nur einzelne Teile liefern, sondern diese zu einer individuell dimensionierten Anlage zusammenfügen und funktionsfähig auf und in der Tennishalle des AG einbauen.

Ähnlich den Leistungen bei der Elektro- oder Sanitärinstallation steht nicht die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund, sondern die Fachkunde erfordernde Beratung und Montage.

Dies gilt auch dann, wenn der Wert der zu liefernden Waren den Wert der Montage und Inbetriebnahme um ein Vielfaches übersteigt. Denn ohne die vorherige Beratung und Planung (Größe und Geeignetheit des Dachs der Tennishalle, Produktauswahl etc.), ohne die fachkundige Montage und ohne die fachkundige Inbetriebnahme hätten die gelieferten Waren keinen funktionierenden Nutzen für den AG.
Die zum Erreichen der Funktionalität erforderlichen Leistungen waren auch nicht so typisiert, dass der AG diese selbst vornehmen oder leicht von dritter Seite erbringen lassen könnte.
Der BGH bestätigt das:

Der AN schuldete die Herstellung einer funktionstauglichen Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle unter Beachtung ihrer Tragfähigkeit.
Die Verpflichtungen des AN zur Durchführung aufwendiger, handwerklicher Installations- und Anpassungsarbeiten an der Tennishalle geben dem Vertrag die maßgebliche Prägung.

Fazit - Was haben Handwerker und Verbraucher zu beachten?

Beim Kauf einer Photovoltaikanlage gilt das Werkvertragsrecht. Mit der Abnahme und/oder Fertigstellung (Inbetriebnahme) beginnt die Gewährleistungsfrist von fünf Jahren. Der Anlageneigentümer ist in der Beweispflicht, dass der Schaden schon vor/bei Abnahme bestand, um einen Gewährleistungsanspruch geltend zu machen. Andernfalls kann die Hersteller-Garantie greifen. 

Einschätzung einer Rechtsanwaltskanzlei aus Regensburg welche auf Handelsrecht spezialisiert ist: 

“Nach der bisherigen Rechtsprechung ist danach zu unterscheiden, wo der wesentliche Schwerpunkt („das Gepräge“) im Einzelfall liegt, mehr im Kaufrecht oder mehr im Werkvertragsrecht. Liegt der Schwerpunkt z.B. mehr im Handel der PV-module und hat die Montage selbst einen untergeordneten Beitrag, so konnte eigentlich von KaufR ausgegangen werden. Je mehr es sich „in die reine Montage verlagert“ oder die Montage kompliziert und langwierig ist, desto eher Werkvertragsrecht. Sollten z.B. die PV-Module bauherrenseits gestellt werden, so dürfte es sich bei der PV-montage um einen klassischen Werkvertrag handeln. Bei einer reinen Freiflächenanlage gibt es Urteile, die allein Werkvertragsrecht heranziehen wollen. Bei klassischen reinen Aufbauten auf schon bestehende Häuser geht man eher von Kaufrecht aus. Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es nicht. Einheitliche Rechtsprechung ist der Blick auf den Einzelfall und je nach konkreter Geschäftstätigkeit (Einzelfall) die rechtliche Bewertung.

Mir ist nun eine Abweichung der Rechtsprechung von diesen Grundsätzen nicht bekannt. Es gibt bereits eine Vielzahl von Urteilen, die eben „je nach Gepräge des Einzelfalles“ Kaufvertragsrecht oder Werkvertragsrecht unterschiedlich heranziehen. Eine stereotype Faustformel, wonach es sich „immer“ um Kaufrecht handeln müsse, gibt es natürlich nicht! -“

Gewährleistungsdauer laut Handwerkskammer

Gewährleitungsdauer für verschiedene Gewerke nach Kaufvertragsrecht inkl. Anwendung der VOB mit einer möglichen Verkürzung auf 4 Jahre bei Photovoltaikanlagen. 

Gerichtsurlteil des Oberlandesgerichtes

Urteil über die Entscheidung zum Werkvertrag bei Photovoltaikanlagen. 

Beispiel Servicefall 1

Anlagendaten: 9,84kWp Photovoltaikleistung mit Batteriespeicher und Ladestation. 

Die Anlage wurde um 30.08.2022 in Betrieb genommen. Bei der Abnahme gab es keine Mängel und die Anlage hat im Testbetrieb und auch beim Zählerwechsel fehlerfrei funtioniert.

Ein Jahr später hat die Batterie und die Wallbox keine Kommunikation mehr mit dem Internet (sowie App) und der Speicher geht deshalb auf Störung. 

Die Servicetechniker des Anlagenbauers fahren vor Ort um den Fehler zu suchen. Der Internetrouter des Kunden hat ein Update bekommen von WPA 2 auf WPA 3, was für den Fehler verantwortlich war. 

Da der Fehler nach der Abnahme entstand, handelt es sich um keinen Gewährleistungsfall und der Anlagenbesitzer muss, soweit der Anlagenbauer den Einsatz nicht auf Kulanz übernimmt, bezahlen. 

Beispiel Servicefall 2

Anlagendaten: 9,84kWp Photovoltaikleistung mit Batteriespeicher und Ladestation. 

Die Anlage wurde um 30.08.2022 in Betrieb genommen. Bei der Abnahme gab es keine Mängel und die Anlage hat im Testbetrieb und auch beim Zählerwechsel fehlerfrei funtioniert.

Ein Jahr später hat der Speicher eine Störung und blinkt rot. 

Die Servicetechniker des Anlagenbauers fahren vor Ort um den Fehler zu suchen. Eine Batterie im Speichersystem ist defekt und muss getauscht werden.

Da der Fehler nach der Abnahme entstand, handelt es sich um keinen Gewährleistungsfall. Die Batterie hat 10 Jahre Garantie. Da alles fachgerecht installiert wurde handelt es sich um einen Garantiefall. Die Kosten für den Servicetechniker und der Batterie werden (im Normalfall) vom Hersteller der Batterie getragen. 

Hinweis: Es kann sein dass der Hersteller nur eine Servicepauschale bezahlt. Sollten die Servicekosten höher sein, so hat der Anlagenbesitzer den Anlagenbauer die Differenz zu erstatten. 

Beispiel Servicefall 3

Anlagendaten: 9,84kWp Photovoltaikleistung mit Batteriespeicher und Ladestation. 

Die Anlage wurde um 30.08.2022 in Betrieb genommen. Bei der Abnahme gab es keine Mängel und die Anlage hat im Testbetrieb und auch beim Zählerwechsel fehlerfrei funtioniert.

Sechs Jahre später hat der Speicher eine Störung und blinkt rot. 

Die Servicetechniker des Anlagenbauers fahren vor Ort um den Fehler zu suchen. Eine Batterie im Speichersystem ist defekt und muss getauscht werden.

In diesem Fall ist es wie beim Beispiel “Servicfall 3”. Abgesehen davon, dass die Gewährleistungsfrist nach fünf Jahren vorbei ist, besteht keine Gewährleistung jedoch ein Garantiefall. 

Beispiel Servicefall 4

Anlagendaten: 9,84kWp Photovoltaikleistung mit Batteriespeicher und Ladestation. 

Die Anlage wurde um 30.08.2022 in Betrieb genommen. Bei der Abnahme gab es keine Mängel und die Anlage hat im Testbetrieb und auch beim Zählerwechsel fehlerfrei funtioniert.

zwei Jahre später hat der Speicher eine Störung und blinkt rot. 

Die Servicetechniker des Anlagenbauers fahren vor Ort um den Fehler zu suchen. Eine vom Anlagenbauer verlegte Leitung war zu klein dimensioniert. Diese ist heis geworden und somit hat die Sicherung ausgelöst. 

Der Fehler (falsche Leitung) hat von Anfang an bestanden und die Kosten für den Austausch, Ausfall und den Serviceeinsatz muss der Anlagenbauer (soweit innerhalb der Gewährleistung von 5 Jahren) tragen.